Lernen im Prozess

Der prozessorientierte Methodenansatz (POM) im ZKD

Ausgangsposition war und sind zwei einfache und naive Fragen:

  • Was hilft den SeminarteilnehmerInnen bei der Bewältigung ihrer Aufgaben im Alltag?
  • Wie können neues Wissen, Erfahrungen, Verhalten so erwachsenengerecht vermittelt werden, dass es nachhaltige Wirkung erzielt?

Auf der Suche nach Antworten auf diese Fragen wurde im ZKD ein Methodenansatz erarbeitet, der es ermöglicht die Persönlichkeitsentwicklung dynamisch – auf drei Ebenen gleichzeitig –  durchzuführen.

Diese 3 Ebenen sind:

  • Rationale Ebene: bewusstes Denken und Handeln, Theorieinputs, Methoden, Techniken, Fachkompetenz
  • Emotionale Ebene: innere Erlebnisse, Gefühle, Haltung, Einstellung, Werte, Vorurteile, Empathie, Vertrauen, Loslassen
  • Soziale Ebene: Gruppendynamik, Interaktion im Team, Team- und Kooperationsfähigkeit, interpersonelles Lernen (Keiner weiß so viel wie alle)

Mit diesem methodischen Ansatz wird die Vernetzung von Wahrnehmung, Fühlen, Denken und Handeln berücksichtigt. Innere Haltungen (Werte, Menschenbild) sowie Techniken (Skills und Tools) werden vermittelt. Dies führt zur erforderlichen Flexibilität mit nachhaltiger Wirkung, in einer sich ständig verändernden Umwelt.

Die Arbeit im Hier und Jetzt ist zu einem wesentlichen und fixen Bestandteil der im ZKD entwickelten „Prozessorientierten Methode“ geworden. Sie ist mit einem hohen Maß an Selbsterfahrung (Persönlichkeitsentwicklung) ausgestattet und bringt hilfreiche Unterstützung, Anerkennung und Selbstbestätigung für die TeilnehmerInnen.

Die im Hier und Jetzt „hervorgebrachte“ Interaktion besteht aus den individuellen Erfahrungen/Erwartungen und der mitgebrachten emotionalen Energie der TeilnehmerInnen, sowie aus den Interventionen der TrainerInnen.

Folgende Lernfaktoren können in (unterschiedlichen) Seminargruppen entstehen und zum erfolgreichen Lerntransfer beitragen:

  1. Erkennen der eigenen Ressourcen (Selbstkompetenz)
  2. Universalität der eigenen Situation (Einheit statt Trennung)
  3. Vermittlung  von (ganzheitlichen) Informationen
  4. Team- und Kooperationsfähigkeit (Zusammengehörigkeit)
  5. Bewusstmachen alter Verhaltensmuster (Sprung in die Gegenwart)
  6. Entwicklung (neuer) sozialer Kompetenzen/Fähigkeiten
  7. Lernen durch Erfahrung (Selbst- und Fremderfahrung)
  8. Erkennen und ausdrücken von Gefühlen
  9. Entwicklung von Vertrauen (Beziehungsebene als Lernfaktor)
  10. Interpersonelles Lernen (Interdependenz)

Diese Faktoren sind im Prozess voneinander abhängig, sie bedingen einander wechselseitig. Kein Faktor erfolgt rein rational, sondern tritt gemeinsam mit Emotionen (Affekten) und Gefühlen in das lernende Bewusstsein der TeilnehmerInnen.

Interpersonelles Lernen (Pkt. 10) ist gleichsam das Ziel dieser wechselseitigen Abhängigkeit. Es steht daher im Mittelpunkt der Interventionen im Hier und Jetzt.

Durch die Interventionen der TrainerInnen wird die Aufmerksamkeit aus dem „Draußen“ und aus der „Vergangenheit“ in die Gruppeninteraktion des Hier und Jetzt geführt. Dadurch sind alle lösungsorientierten Faktoren und Ressourcen am Ort des Seminargeschehens (im Setting) vorhanden. So werden „externe“ (unrealistische) Erzählungen zu einer internen (realistischen) Gruppenaufgabe umgewandelt. Das Instrument Feedback spielt dabei eine wesentliche Rolle.

Das Hier und Jetzt ist gleichsam die Energiezelle für das interpersonelle (soziale) Lernen in der Seminargruppe. Das Hier und Jetzt bringt die Konzentration auf die Ereignisse der gegenwärtigen Seminarsituation, also auf das, was momentan im Seminarraum geschieht.

Dadurch wird die Aufmerksamkeit der Betrachtung von der Vergangenheit und den äußeren Umständen in die Gegenwart verlagert. Dieser Begriff der „Verlagerung“ bedeutet, dass die prägenden, individuellen lebensgeschichtlichen Erfahrungen (individuelle Situation) aus der Welt draußen im interaktiven Verhalten des Hier und Jetzt in Erscheinung treten. Durch die Konzentration auf das Verhalten im Hier und Jetzt (wie gehen wir miteinander um) wird die Effizienz des Lernens und der Behaltewert des Gelernten gesteigert.

Dadurch werden

  • bisher unbewusste Verhaltensmuster der zwischenmenschlichen Beziehungen bewusst gemacht und reflektierbar,
  • sowie die diesen Mustern zugrundeliegenden tiefsitzenden psychologischen Ursachen erkannt und in Zukunft als neues Verhalten bewusst einsetzbar.

Interpersonelle Theorie

Die Persönlichkeitsstruktur eines Menschen ist geformt durch die zwischemenschlichen Beziehungen, die er erlebt hat. Das interpersonelle Verhalten in der Seminargruppe spiegelt daher das individuelle Alltagsverhalten der TeilnehmerInnen. Besonders die unbewussten Anteile des Verhaltens verbergen die erhellenden Lernchancen und sind der Katalysator für zukünftige Veränderungen.

Die Gruppe als sozialer Mikrokosmos

Die Menschen am Seminar verhalten sich ähnlich wie in ihrem täglichen sozialen Umfeld. Das Setting wird zum gesellschaftlichen Universum im Kleinformat. Der beobachtbare Teil steht somit für das Ganze; Mikro- ist gleich Makrokosmos. Die reale Interaktion in der Mikroszene des Seminars entspricht der Hier und Jetzt nur vermutbaren Interaktion der Makroszene des privaten und beruflichen Alltags der Seminarteilnehmer. Die Konzentration auf den beobachtbaren Mikrokosmos bringt unweigerlich einen spannenden, dynamischen und vitalen Seminarverlauf mit sich.

Das Hier und Jetzt

Die Beobachtung im Hier und Jetzt ersetzt die Erzählungen aus der Vergangenheit. Das interpersonelle Verhalten inszeniert im Seminargeschehen ganze Lebensgeschichten. Durch situative Improvisation der TrainerInnen werden diese Inszenierungen bewusst gemacht und zur Lernerfahrung genützt.

Die neuen bewussten Verhaltensweisen können dann im Hier und Jetzt nochmals ausprobiert werden, damit das Erlernte schließlich in das persönliche, private, externe Leben übertragen werden kann.

Alle Informationen für die Interventionen der TrainerInnen und für das interpersonelle Lernen offenbaren sich im Prozess des gegenwärtigen Seminargeschehens. Unangepasste, störende und/oder hilfreiche interpersonelle Verhaltensmuster werden von den TeilnehmerInnen und TrainerInnen beobachtet. Durch die Interventionen (Feedback) bewusst gemacht. Anschließendes Üben und Trainieren bringt neues bewusstes Verhalten im Hier und Jetzt des Seminargeschehens und in weiterer Folge im sozialen Umfeld der TeilnehmerInnen.

Dabei stellt ein vertrauensvolles Klima im Seminarsetting die sichere Bühne für das Üben und Trainieren dar. Dies ist der Grund dafür, warum dieser Methodenansatz auch als „Verhaltenstraining“ bezeichnet werden kann. Ebenso liegt darin die Begründung für die Beschränkung der Zahl der TeilnehmerInnen auf max. 12 und für die Seminardauer. Der beschriebene Prozess benötigt Zeit und ist daher nur ab 2-tägigen Seminaren möglich.

Der Prozess des Erkennens von alten Mustern – über das Trainieren von neuem Verhalten – bis hin zum selbstbewussten perfekten Einsatz erfordert Vertrauen, Experimentierfreudigkeit und Neugier. Der Faktor Selbsterfahrung wird zur hilfreichen Unterstützung im interpersonellen Lernen. Abschließende Transferübungen sollen das analoge Verhalten in der Umwelt der TeilnehmerInnen festigen.

Erfolgreiches Arbeiten im Hier und Jetzt besteht aus zwei Ebenen, die symbiotisch miteinander verbunden sind. Keine Ebene kann ohne die andere Lernerfolge erzielen. Natürlich ist in jeder Ebene ein anderes Verhalten der TrainerInnen erforderlich. In der Erlebnisebene geht es um aktivierende und in der Verständnisebene um reflektierende Interventionen und Techniken. Beide Ebenen befinden sich in einem sensiblen Gleichgewicht und sollen daher parallel ablaufen.

Erlebensebene

Konzentration auf das Erleben im Hier und Jetzt. Die TeilnehmerInnen und TrainerInnen erleben sich selbst im Hier und Jetzt. Das Verhalten der TrainerInnen bringt Aktivierung der TeilnehmerInnen im Hier und Jetzt. Wichtig ist, was gegenwärtig (jetzt) im Seminarraum (hier) geschieht. So als ob alle gemeinsam geboren werden, zählt das gemeinsame Erleben im Moment. Vergangene, alte Verbindungen werden hinter sich gelassen und doch kommen sie durch die unbewussten Verhaltensanteile zum Vorschein. Die TrainerInnen lenken von abstrakten Aussagen in konkrete um, vom unpersönlichen ins persönliche. Dies ist somit die Inhaltsebene des Geschehens im Hier und Jetzt.

Verständnisebene

Rationales Erfassen der Erlebnisse im Hier und Jetzt. Die TeilnehmerInnen und TrainerInnen machen eine selbstreflexive Wende. Diese Hinwendung zu sich selbst erfordert eine geübte, methoden- und selbstsichere TrainerInnenpersönlichkeit. Durch ihre Intervention wird die Reflexion des Prozesses und der Inhalte ermöglicht. Dafür gibt es auch die Begriffe: Metakommunikation, Erklärung, Klärung, Interpretation, Kommentar und Wahrnehmungswiedergabe.

Die Lernschritte können dabei wie folgt ablaufen:

  1. Wie werde ich von anderen wahrgenommen? (Feedbackprozess)
  2. Welche Reaktionen (Gefühle, Handlungen) ruft mein Verhalten bei anderen hervor?
  3. Wie beeinflusst mein Verhalten die Meinung oder den Eindruck anderer von mir?
  4. Was bewirkt das alles in meinem Selbstwertgefühl?

In einem kognitiven Rahmen sollen Erklärungen für das Erleben im Hier und Jetzt angeboten werden.

Auf dieser Prozessebene entsteht „Erhellung“ der Beziehungen untereinander. Blinde Flecken werden bewusst gemacht. Das Gelernte  wird als persönliches Eigentum wahrgenommen, welches auch in andere Situationen übertragen werden kann.

Die TrainerInnen weisen auch auf die Parallelen zwischen dem Verhalten in der Gruppe und den Erfahrungen der persönlichen Lebenssituationen hin. Die individuell hervorgebrachte Erkenntnis kann lauten: Ich sende unbewusst jene Botschaften aus, die verhindern, das zu bekommen, was ich mir von anderen besonders wünsche.

Erlebensebene (mit neuen Ressourcen)

  • Üben und Trainieren der neuen Erfahrungen im Hier und Jetzt.
  • Die neuen, bewussten Verhaltensanteile werden eingesetzt. Die TeilnehmerInnen begegnen einander jenseits der alten eingefahrenen Verhaltensmuster. Jeder schafft sich einen eigenen neuen interpersonellen Raum im Seminargeschehen. Das Selbstbewusstsein der Selbstverantwortung für die Wahrnehmung der Anderen über mich kommt zum Vorschein. Alles was mir im Seminar begegnet (auch wie es mir begegnet) ist eine Konsequenz des eigenen Verhaltens.
  • Dieser Lernprozess bringt die sensible Erkenntnis der persönlichen Verantwortung  für die Geschehnisse im eigenen Leben.

Theorie

  • Ursprünge in: Systemtheorie, Gruppendynamik und Transaktionsanalyse.
  • Objekt und Subjekt in einem; Experimentator ist Gegenstand des Experiments.
  • Gegenstand der Beobachtung sind: das Hier und Jetzt, die Gefühle und Meinungen, die Beziehungen und Werte, der Gruppenprozess und seine Veränderung.
  • Jede Analyse ist gleichzeitig eine Intervention. Direkte (primäre, unmittelbare) Kommunikation hält die Gruppe zusammen.
  • TrainerIn ist durch die Rückkopplung (Reflexion/Feedback) ein/e Beteiligte/r im affektiven Prozess der teilnehmenden Menschen.
  • Die „Wahrheit“ entsteht im Gruppenprozess. Wahr ist, was im Hier und Jetzt brauchbar ist. „Richtig“ und „Falsch“ wird durch die gemeinsam erstellten Regeln (Normen/Verbindlichkeiten) erzeugt.
  • Wahr = meine Wahrnehmung
  • Realismus: Wir erkennen das, was wir sehen.
  • Konstruktivismus: Wir sehen das, was wir erkennen.
  • Siehe auch: Sozialisation und Dependenzmodell (Anhang).

Hier und Jetzt – Argumente

  • Die Kraft des Augenblickes (Gegenwart) nützen
  • In der Gegenwart findet Leben statt
  • Das Bewusstsein auf den Augenblick richten
  • Die authentische menschliche Kraft in uns
  • Der Zugang zur inneren Zufriedenheit
  • Der Zustand der Freude und des wahren SELBST
  • Die Ganzheit und Vollkommenheit in uns
  • Bewusste Beziehungen mit liebevollem menschlichem Umgang
  • „Wahre Begegnung“ (Einssein) zwischen dem SELBST und dem anderen
  • Die einzige Form selbstbestimmt zu leben (versus: gelebt zu werden)
  • Der Zustand des Mensch-sein (ist mehr sein als tun)
  • Hier kann Ein-sicht als Er-hellung stattfinden (Heureka)
  • Die Schule des Sokrates: alle Menschen kennen die tiefen Wahrheiten, sie sind in uns und waren schon immer in uns
  • Die tiefsten Wahrheiten sind immer einfach, aber nicht simpel
  • Der Zustand der spirituellen Kraft (lebendige Lebensart)
  • Energie kann ungehindert fließen und ist spürbar (Panta rhei, alles fließt, Heraklit)
  • Im Augenblick leben, den Augenblick genießen, mich auf ihn einlassen – Voraussetzung dafür: Stille
  • Die Begegnung im Augenblick, ist die wichtigste auf der Welt
  • SINN des Lebens: ganz den Augenblick spüren und in sich ruhen, auf die Schwingungen des Augenblicks achten, nach der Intuition des Augenblicks leben, angenehme, elegante, positive Gedanken zulassen
  • Den SINN der eigenen Existenz wahrnehmen können
  • Stille und Leere verursachen Sicherheit und Wohlbefinden
  • Der Schritt vom ICH zum SELBST wird ermöglicht
  • Der Zustand der liebevollen Wahrnehmung
  • Der Zustand tiefen Friedens und Glückseligkeit
  • Der Weg der inneren Transformation (Umwandlung des Bewusstseins)
  • Der Ausbruch aus ererbten kollektiven Verhaltensmustern
  • Der Einbruch in die Freiheit (Jiddu Krishnamurti)
  • Der Weg zum eigenen SELBST
  • Die Möglichkeit, den Samen der Erleuchtung aufgehen zu lassen
  • Alles ist JETZT erreichbar, egal wer oder wo du bist
  • Zeitloser Zustand von intensiver, bewusster Gegenwärtigkeit sowie von Begeisterung und erhöhter Lebendigkeit
  • Die Kunst der Leichtigkeit
  • Freiheit und Verantwortung bedingen einander im Hier und Jetzt

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